Zielgruppengerecht und anlassbezogen sollen Gesundheits- und Patienteninformationen sein. Und für jedermann verständlich. So weit, so klar. Aber wo und wie erreiche ich Menschen mit mangelnder Lese- und Schreibfähigkeit und mit eingeschränkter Gesundheitskompetenz überhaupt? Welche Devices, Kanäle und Tools eignen sich hier besonders? Und wer sollte seine Kommunikation mit dieser Patientengruppe überdenken und verbessern? Unser Infografiken präsentieren dazu einige aufschlussreiche Zahlen und Erkenntnisse.
Mobile vor Desktop – digitale Touchpoints von Menschen mit defizitärer Literalität
Die Grafik bildet die digitalen Touchpoints von Menschen mit geringer Literalität, Alpha Level 1-3, ab.
Zahlen einer Studie der Uni Hamburg zur Alphabetisierung Erwachsener zeigen: Die Mehrheit der Menschen mit mangelnder Lese- und Schreibfähigkeit nutzt regelmäßig das Smartphone oder Tablet (78 %). Dagegen wird der Desktoprechner mit Internetzugang in dieser Zielgruppe nur von rund 55 % genutzt. Eine auffällige Abweichung im Vergleich zur Gesamtbevölkerung: Hier werden sowohl Desktop und als auch Mobile Devices zwar deutlich häufiger genutzt, jedoch kommen Mobile Devices und Desktops auf ähnliche Werte (Desktop: 82,7%, Mobile Devices: 89,4%). Unsere Schlussfolgerung daraus: Wer Menschen mit geringer Lese- und Schreibkompetenz erreichen will, sollte stärker auf Mobile Devices setzen.
Auffällig: 70,3 % der Menschen mit geringer Lese- und Rechtschreibkompetenz schreiben regelmäßig Kurznachrichten, z.B. per SMS oder WhatsApp. Sprachnachrichten versenden immerhin 39,1% von ihnen, Videotelefonie per WhatsApp oder Skype nutzen 19,1 %. Damit nutzen Menschen aus dieser Zielgruppe sowohl Sprachnachrichten als auch Videotelefonie häufiger als Menschen mit hoher Lese- und Schreibkompetenz (Sprachnachrichten: 36,6%, Videotelefonie: 12,6%). Und auch soziale Netzwerke werden von Menschen mit geringer Literalität häufiger für das konsumieren und schreiben von Beiträgen genutzt als das in der Gruppe der Menschen mit hoher Literalität der Fall ist.
Hausarzt als Informationsquelle Nummer 1 – analoge Touchpoints bei Gesundheitsfragen
Welche analogen und persönlichen Informationsquellen nutzen Menschen mit eingeschränkter Gesundheitskomeptenz (Health Literacy) bei Fragen rund um die Gesundheit? Antworten bietet die HLS-GER Studie der Uni Bielefeld zur Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Deutschland.
Fast 84 % der Menschen mit eingeschränkter Health Literacy präferieren bei Fragen zur Gesundheit den Hausarzt als analoge Informationsquelle. Mit weitem Abstand folgt der Facharzt (37,5 %) und die Apotheke (24,9%). Das Internet nutzen knapp 20 % dieser Zielgruppe zur Informationsgewinnung bei Fragen zur Gesundheit. Beratungsstellen, Broschüren oder Institutionen spielen als Informationsquelle zu Gesundheitsfragen für Menschen mit eingeschränkter Health Literacy kaum eine Rolle.
Bemerkenswert: Fast 47 % der Menschen mit eingeschränkter Gesundheitskompetenz haben bereits einmal die Erklärung ihres Hausarztes nicht verstanden. Beim Facharzt ist der Anteil mit fast 53 % sogar höher – obwohl er als Informationsquelle für Gesundheitsfragen nur auf Platz 2 landet. Auch die Gesundheitsinformationen von Krankenkassen haben fast 45 % dieser Zielgruppe bereits einmal nicht verstanden.
Bedenklich: Selbst Menschen mit guter Health Literacy haben Schwierigkeiten, die Gesundheitsinformationen von Ärzten und Krankenkassen oder anderen Informationsquellen zu verstehen. Beispiel: Rund 40 % der Menschen mit guter Gesundheitskompetenz haben bereits einmal die Erklärung vom Facharzt nicht verstanden.
Was zeigt uns das? Offensichtlich wird von Krankenkassen, Haus- und Fachärzten (Niedergelassene und Kliniker) des öfteren am Patienten vorbei kommuniziert. Es besteht also Handlungs- und Verbesserungsbedarf bei Ärzten in ihrer Kommunikation mit ihren Patienten. Aber auch Krankenkassen und Kliniken sollten verständlicher als bislang mit ihren Mitgliedern und Patienten kommunizieren.
Endlich verständlich
Anlassbezogene und zielgruppengerecht Gesundheitsinfos auf dem richtigen Kanal zum Patienten bringen.
Wie können wir das ändern, wo können wir zeitnah und wirkungsvoll ansetzen? Zum Beispiel mit anlassbezogenen Gesundheitsinformationen in Leichter Sprache, die innerhalb der Patient Journey gezielt das Arzt-Patientengespräch oder die institutionelle Kommunikation mit dem Patienten unterstützen. Durch zielgruppengerechte Gesundheitsinformationen, die sich an den Bedürfnissen der Menschen und deren sprachlichen Fähigkeiten ausrichten. Über digitale Kanäle, über die wir Menschen mit defizitärer Literalität überproportional gut erreichen und mit leicht verständlichen Gesundheitsinformationen versorgen können. Erklärfilme und Videos auch in Leichter Sprache, können in diesem Kontext ein hilfreiches Werkzeug sein.
Learnings
Digitale Touchpoints: Welche digitalen Kanäle nutzen Menschen mit defizitärer Literalität?
- Mobile first: Menschen mit defizitärer Literalität nutzen weitaus häufiger Mobile Devices als den Computer
- Messengerdienste oder SMS zählen für Menschen mit defizitärer Literalität zu den bevorzugten Kommunikationskanälen
- Fast die Hälfte der Menschen mit defizitärer Literalität konsumiert Content über Social Media
Analoge und persönliche Touchpoints: Welche Quellen nutzen Menschen mit eingeschränkter Health Literacy bei Gesundheitsfragen?
- Menschen mit eingeschränkter Health Literacy wenden sich für Gesundheitsinformationen bevorzugt an den Hausarzt, gefolgt vom Facharzt. Krankenkassen, Institutionen oder Bücher und Broschüren erreichen mit ihren Informationen nur einen geringen Anteil dieser Gruppe
- Trotzdem hat ein hoher Anteil der Menschen mit eingeschränkter Health Literacy die Gesundheitsinformationen von Krankenkassen, Fachärzten oder Institutionen wie Beratungsstellen bereits einmal nicht verstanden
- Offensichtlich wird an großen Teilen der Gruppe der Menschen mit eingeschränkter Gesundheitskompetenz vorbei kommuniziert – auch innerhalb des Arzt-Patientengesprächs
Mehr Informationen über Leichte Sprache in der Gesundheitskommunikation finden Sie hier.
Mehr Informationen über Erklärfilme in Leichter Sprache, finden Sie hier.
Und natürlich können Sie sich mit Ihren Fragen auch direkt an uns wenden! Wir freuen uns darauf. Unsere Kontaktmöglichkeiten finden Sie hier.